WINTERSUN - das 'The Forest Seasons' Gangbang-Review

Gut, im Vergleich zu den zwölf Jahren zwischen dem selbst betitelten Erstling und "Time I" ging es diesmal mit fünf Jahren richtig zügig. Alexei Grigorjewitsch Stachanow wird aus Jari Mäenpäa, dem einstigen ENSIFERUM-Sänger, aber zeitlebens keiner mehr. Immerhin gibt es diesmal aber mit 54 Minuten Spielzeit durchaus Üppiges, im Vergleich zur Nettospielzeit von 31 Minuten bei "Time I".  Geändert hat sich im Hause Mäenpäa nicht wirklich viel. Gut, die Herangehensweise vielleicht, wurde mit einer Crowdfunding-Kampagne doch ein eigenes WINTERSUN-Headquarter finanziert. Unterstützer erhalten dafür ein sogenanntes "The Forest Package", welches nicht nur das aktuelle Album "The Forest Seasons" beinhaltet, sondern auch die einzelnen Audiospuren, ein 5k-digital Booklet und dazu noch Remixes von den ersten beiden WINTERSUN-Alben. Darüber hinaus gibt es auch noch das Livealbum "Life at Tuska Open-Air 2013". Das Crowdfunding scheint ein riesiger Erfolg geworden zu sein. Freude. Und einen neuen Gitarristen gaben WINTERSUN mit Asim Searah auch noch bekannt, der die Band auch schon bei den heutigen Sommerfestivals unterstützen wird.

WINTERSUN also mit neuem Stoff, der die erfolgreiche Schiene weiterfährt. Warum auch nicht. Diesmal haben wir vier Songs, den Jahreszeiten entsprechend. Das führt natürlich dazu, dass jeder Song weiter über der Zehn-Minuten-Marke im Hafen einläuft. Und dies führt weiter dazu, dass man schon etwas Konzentration mitbringen sollte um sich dem Album entsprechend widmen zu können.

Bei solchen Songlängen wird ja gerne einmal das Killervokabel "komplex" benutzt oder gar von "episch wie ficken" geplaudert. Kann man so sehen. Man kann es allerdings auch aus einem anderen Blickwinkel beäugen. Nämlich dem, das man ganz einfach keine tatsächlich langen Songs macht, sondern einfach so viele Riffs, Strophen, Refrains, etc. aneinander reiht und irgendwann sagt: Das ist jetzt ein (1!) Song.
Wie man das jetzt tatsächlich aufnimmt sei jedem selbst überlassen.

WINTERSUN, respektive Jari, aber wissen ganz genau, was sie können. "The Forest Seasons" zeigt alle Stärken der Band, diese Melange aus leicht blacken Tönen, epischem Metal, atmosphärischen Interludien und den leider unsäglichen Pagan-Einflüssen. Man lässt es manchmal richtig deftig krachen wie beim Herbst-Stück "Eternal Darkness" (Höhepunkt des Albums, der Song funktioniert wirklich gut!) oder man ist kontemplativ wie im Winter. Oder fröhlich wie im Frühling und im Sommer. Bei den beiden Songs bei denen man die die wirklich üblen Pagan ooohooohhooo-artigen Refrains rauslässt. Naja, gehört aber wohl auch zu WINTERSUN.

Alles in allem ist das Album ein Stück Musik, welches wächst. Anfangs konnte ich nicht viel damit anfangen, die Melodien aber wachsen und gedeihen, das Epische tritt hervor und man findet beinahe so etwas wie einen roten Faden in den "Forest Seasons". Musikalisch, vom Songwriting und dem Können der Musiker her ist also alles in Ordnung.

Warum dann keine höhere Bewertung?

Erstens klingt das Schlagzeug mächtig künstlich. Ich will hier niemandem etwas unterstellen, aber zeitweise klingt das, was von den Drums kommt, wie programmierte Loops. Klar, man hat einen etatmäßigen Drummer bei WINTERSUN, aber das Schlagwerk klingt einfach nicht wirklich organisch. Und da sind wir schon beim zweiten großen Problem. Ich hab mir das Album mehrfach über verschiedene Ausgabesysteme angehört. Das Resultat ist immer dasselbe, der Gesamtsound ist wirklich nicht gut. Die Gitarren klingen sehr, sehr oft nach meinem Rasierapparat. Glaubt ihr nicht? Hört euch einfach den Einstieg der Klampfen beim Opener an. Da ist kein Druck dahinter, das rauscht einfach am Hörer vorbei. Die epischen Teile der Songs, die dem ganzen die notwendige Erhabenheit geben sollen, klingen erstens billig und zweitens sind sie im Gesamtsound völlig falsch platziert. Hört das Album über Kopfhörer an und ihr werdet sehen, dass die elektronisch gefertigten Details, die Synthies, die Waldgeräusche, etc. so klingen, als wären sie ewig weit weg vom Rest der Musik entfernt. Da ist beim Mischen etwas daneben gegangen. WINTERSUN sollten mittlerweile in der Lage sein, einen kompakten Gesamtsound  zu liefern.

Das war jetzt die Nörgelei, was bleibt, ist ein erneut starkes Album für WINTERSUN-Fans, das alle Trademarks des erfolgreichen Sounds mit sich bringt. Wem die ersten beiden Alben gefallen haben der kann hier ohne Bedenken zugreifen und wird nicht enttäuscht werden.
Wenn nur bloß der eigenartige Sound nicht wäre...

3,5 / 5


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Christian Wiederwald
Seite 3: Laichster
Seite 4: Christian Wilsberg
Seite 5: Sonata
Seite 6: Pascal Staub
Seite 7: Daria Hoffmann
Seite 8: Anthalerero
Seite 9: Fazit


WERBUNG: Hard
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