DARK TRANQUILLITY - Das "Moment" Gangbang Review

Die schwedischen Melodic Death Metal Pioniere DARK TRANQUILLITY sind inzwischen rund dreißig Jahre im Geschäft und erfreuen sich bis heute einer vergleichsweise stabilen Besetzung. Mikael Stanne, Niklas Sundin, Martin Henriksson, Anders Jivarp - mit Ausnahme von Ur-Sänger Anders Fridén blieben alle Gründungsmitglieder bis zum Ausstieg Marin Henrikssons 2016 Teil der Band. Als in diesem Jahr auch Niklas Sundin seinen Dienst an der Axt quittierte, traten mit Christopher Amott (ex-ARCH ENEMY, ex-ARMAGEDDON) und Johan Reinholdz (ANDROMEDA, NONEXIST) gleich zwei Nachfolger in die Fußstapfen des langjährigen Gitarristen. Die Zeichen für “Moment“, das zwölfte Langeisen der Göteborger Institution, stehen damit auf Veränderung – oder vielleicht doch nicht?

Ein kompletter Wechsel der Gitarrenfront ist freilich ein herber Einschnitt und in den meisten Fällen eine markante Veränderung im Sound einer Band. Nun muss man aber das Ganze jedoch vor dem Hintergrund relativieren, dass Christopher Amott und Johan Reinholdz bereits eine Weile als Live-Gitarristen bei DARK TRANQUILLITY amtierten und damit in gewisser Weise in die Band hineingewachsen sind. Insoweit bedeutet die jüngste Rotation im Lineup Veränderung und Konsistenz zugleich. Die charakteristische Handschrift der Truppe bleibt erhalten und wird im selben Atemzug um neue Charakterzüge erweitert. Und dies bedeutet in allererster Linie einen satten Zugewinn, denn wenn “Moment“ mit einer Sache glänzen kann, dann mit einer stolzen Anzahl großer “Momente“.

Man nehme alleine den Opener “Phantom Days“ zum Beispiel: wenn hier nach kurzem Spannungsbogen die Gitarren eröffnen und Mikael Stanne seine erste Zeile faucht, wird in Sekundenbruchteilen klar, dass im Hause DARK TRANQUILLTY trotz Klampfentransfer alles in bester Ordnung ist. Das neue Duett brilliert mit großartigen Melodien, wohldosiertem Geknüppel und feinen Team-Soli und trägt den hervorragend performenden Frontmann dabei förmlich durch den ganzen Song. Und es bleibt nicht nur bei einem Stück dieser Marke - “Transient“, “Identical To None“, “Eyes of the World“...die Platte bringt gleich einen ganzen Sack dieser vor Melodie und Perfektion berstenden Meisterstücke mit und überzeugt damit ganz sicherlich auch den letzten Nörgler [...wie den Verfasser...]. 

In der Mitte finden sich zusehends langsamere und emotionalere Songs, wobei besonders “The Dark Unbroken“ mit seiner nahtlosen Symbiose aus zerstörerischen Riffs und gefühlvollen Cleanvocals hervorsticht. Und wenn man sich nach einigen Tracks schon fast an das bestechende Niveau der Scheibe gewöhnt hat, hauen die Herrschaften mit “Failstate“ kurz vor der Zielgeraden nochmal eine Granate raus, die sich gewaschen hat. Alter Schwede, spätestens nach diesen Melodien und Riffs sollte sich die Stammband dringendst dazu angehalten fühlen, ihren neuen Saitenhexern eine zentnerschwere Eisenkugel an den Fuß zu ketten (...oder sie zumindest bei Laune zu halten – unter Zwang komponiert es sich bekanntermaßen schlecht). Unter allen starken Songs auf “Moment“ belegt diese Nummer unangefochten den ersten Platz. Und der Rausschmeißer “In Truth Divided“ tut ein selbiges – zumindest unter den gezügelten Tracks der Platte. So ohrgängig und catchy das neue Opus eröffnet, so rührend und gänsehauttreibend geht es zu Ende. Hut ab, meine Herren! 

Wer DARK TRANQUILLITY bisher mochte, wird sie nach diesem Album lieben. Und wer sie liebte, der wird sie vergöttern. Gute Alben haben gute Tracks ohne Ausfälle – exzellente Alben haben Hits, Ohrwürmer und Stoff für die Jahresbestenliste. Und “Moment“ bietet von alledem mehr als genug. Das Jahr nähert sich dem Ende, meine Liste persönlicher Highlights schwillt unaufhörlich an und die Schweden sichern sich kurz vor Redaktionsschluss ihren mehr als verdienten Platz darin. So bleibt mir am Ende nichts anderes übrig, als erneut die zweithöchste Note im Stormbringer-Kosmos zu zücken und erneut auf “Play“ zu drücken – und das ohne wenn und aber.

 

4,5 von 5 Punkten


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Pascal Staub
Seite 3: Anthalerero Majere
Seite 4: Ernst Lustig
Seite 5: Hans Unteregger
Seite 6: Lord Seriousface
Seite 7: Fazit


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