SODOM - das "Genesis XIX" - Gangbang-Review

„Wofür zum Henker soll dieses Intro überhaupt gut sein?
Und warum...“
Oh, ihr seid schon hier.

Ehm, willkommen!

Ja, also, jetzt mal Realtalk: Für SODOMs neues Album "Genesis XIX" habe ich mir nach den beiden dürftigen EPs mit dem neuen Line-Up bereits etliche Untergangsszenarien ausgedacht, die ich exakt an dieser Stelle auf euch einprasseln lassen wollte.

Zwar war ich trotz der gutklassigen "In War And Pieces" und "Decision Day" nie ein besonders großer Fan der Bernemann-Ära, doch irgendwie hinterliess der wohl eher ungewollte Ausstieg von ihm und Makka schon einen relativ unangenehmen Beigeschmack, der sich anschließend auch nicht damit runterspülen liess, dass man den guten alten Frank Blackfire zurückholte.
All das wirkte einfach so, als wolle man mittels fauler Magie zwanghaft die Rückkehr der alten, längst versiegten Zeiten beschwören. Ich war ein Narr. Wie man oben sieht, frage ich mich zwar immer noch, wozu genau das Intro "Blind Superstition" gut sein soll, doch danach hagelt's gewaltige Gnackwatschn im Minutentakt – Yorck Segatz und Frank Blackfire leisten hier Außergewöhnliches. "Sodom & Gomorrha" und "Indoctrination" zitieren in irrwitzigem Tempo Punk und MOTÖRHEAD, "Euthanasia" ist für mich persönlich mindestens eine der geilsten SODOM-Thrasher seit "Code Red" mit einem Wahnsinnsriff, "The Harpooneer" eigentlich auch und "Glock'n'Roll" und "Genesis XIX" und "Waldo & Pigpen" und "Occult Perpetrator" und "Friendly Fire"... joa, also ich habe wirklich nicht viel an diesem Album auszusetzen.

Nicht einmal die Songlängen, obschon 55 Minuten vielleicht einen Tick zu gut gemeint waren.
Skipmaterial gibt es dennoch keines, Füllmaterial in Form von "Nicht mehr mein Land" aber schon.

Die "geheimen" Highlights der Platte sind zweierlei: Zum einen wäre da Drummer Toni Merkel, der glücklicherweise den etwas überforderten Husky und sein teilweise unerträglich taktloses "The Final Sign Of Evil"-Gedächtnisgerumpel durch präzises wie dynamisches Spiel ersetzt (der Ventor-Vergleich vom Kollegen ergibt zu 1000% Sinn) und sich damit als Segen für SODOM erweist – bestes Beispiel dafür: das Black-Metal-Geballer in "Dehumanized".
Nix gegen Husky, der bei ASPHYX einen guten Job macht, aber da tun sich Welten auf. Und zum anderen darf gerade ich natürlich nicht den Sound vernachlässigen, der es definitiv in die Top 3 des Jahres schafft und damit zur Champions League zählt.

Was soll ich dazu sagen? Es schallert an jeder Ecke, man kann ohne Kopfschmerztablette bis zum Anschlag aufdrehen. Die Gitarren klingen scharfkantig, der Bass knarzt charismatisch und klar hörbar, das Schlagzeug scheppert organisch und der Gesang ist räudig wie eh und je.
Viel besser kann man Thrash im Jahre 2020 bzw. generell in der Neuzeit einfach nicht produzieren, abmischen und mastern.

Fazit? Eh klar. "Genesis XIX" ist ein überraschend geiles Album mit immenser Qualitätsdichte, tollem Artwork und fantastischem Klang. Was auch immer im Hintergrund vorgefallen mag, Angelripper und Co. liefern ab. Was auf dem berüchtigten Festival-Gig beim Rock Hard eher bescheiden begann, ist mittlerweile offensichtlich ein gut funktionierendes Getriebe, das trotz aller Zweifel an die alten Zeiten anknüpfen kann und meinen persönlichen Thrash-Thron des Jahres mit Leichtigkeit erobern konnte.

4,5/5 – Pascal Staub


Inhaltsverzeichnis:

Seite 1: Einleitung
Seite 2: Jörn Janssen
Seite 3: Christian Wiederwald
Seite 4: Ernst Lustig
Seite 5: Pascal Staub
Seite 6: Lord Seriousface
Seite 7: Hans Unteregger
Seite 8: Fazit


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