Funeral-Doom-Reise: Etappe 27: Kanada II

Text: Jazz Styx
Veröffentlicht am 23.02.2023

Intro

Funeral Doom ist endlos traurige Langsamkeit, verzweifeltes Winseln aus einer schroffen Kluft, die von pfeifenden Winden durchrauscht wird, das tiefe Nichts der Wüste, des Alls, der Tiefsee und immer auch der menschlichen Seele. Funeral Doom ist Düsternis, Nihilismus, Tod. Funeral Doom ist wundervolle Musik!
Auf unserer Weltreise haben wir uns bereits dem Funeral Doom auf fast allen Kontinenten gewidmet. Nur die Amerikas fehlen noch. Und so schleppen wir uns qualvoll langsam durch die Weiten des endlos langen Doppelkontinents, um so viele Funeral-Doom-Bands und -Projekte zu hören und euch vorzustellen wie möglich.
Unseren Datensatz entnehmen wir der Encyclopaedia Metallum und versuchen jeder Band des Begräbnisgenres unsere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die grob in den letzten fünf Jahren aktiven Output produziert hat.
Haben wir eine Band vergessen? Hat sich eine Band in ihrer Trveness zu gut vor uns versteckt? Schreibt uns!

Kanada

Die weite, verschneite, leere Unendlichkeit Kanadas sieht schon fast ein bisschen so aus, wie Funeral Doom klingt. Da wird es doch wohl die eine oder andere gute Band dort geben! Oder auch starke Soloprojekte!

INFINITE GRIEVANCE

INFINITE GRIEVANCE (dt. unendliche Klage), ein Duo mit ungleicher Arbeitsteilung, waren vor allem 2010 bis 2012 aktiv. Doch 2017 kam noch ein kurzes Demo mit dem Titel „Anhedonia“ nach. Anhedonie ist die Unfähigkeit, Freude zu empfinden. Dafür klingt die Musik aber gar nicht so düster und kalt. Die Vocals sind zwar Death-grollende Monotonie, aber die Klänge besitzen nicht wenig Melodie, sind jedoch auch sehr monoton. Meistens ist das bei Funeral Doom positiv zu bewerten, hier nur ganz OK. Aber das Projekt scheint auch nicht direkt den Anspruch an große Professionalität zu haben. Dafür besitzt es insbesondere in den reinen Gitarrenparts sehr schöne Momente.

JESUS PEOPLE OF DOOM

Die JESUS PEOPLE OF DOOM – oder besser gesagt die Jesus Person of Doom, denn es handelt sich um ein weiteres Soloprojekt von Michael Mosher, der auch für EUPHEMISM (siehe vergangene Kanada-Etappe) verantwortlich ist. Dieses Projekt will schon im Namen deutlich machen, dass hier Stoner Metal mit Funeral Doom gekreuzt werde. Auf dem bisher einzigen Album „That Old-School Son Worship!“ (2021) drückt sich das in Form von schmerzhaft knirschenden Gitarrentönen, Rauschen, entfernten Leidens-Vocals und viel anstrengendem Lärm aus. Da ist durchaus etwas – aber kein guter – Funeral Doom herauszuerkennen, jedoch kein Stoner Metal. Nur weil man kifft, wenn man traurig ist, ist das noch kein Stoner Doom!

KRIEF DE SOLI

KRIEF DE SOLI alias Egregoir de Sang bietet mal wieder alles, was man sich von Funeral Doom wünschen kann, und mehr. „Requiem: Missa pro defunctis in F-moll“ (2020) ist das dritte Album des Künstlers und bietet berauschende Größe, epochale Tiefe und erdrückende Schwere. Ein sakrales Gewaltwerk voller kompositorischen Könnens. Man könnte ihm ganz vielleicht vorwerfen, dass dabei ein wenig die Höhepunkte fehlen. Braucht ein Requiem, braucht Funeral Doom Höhepunkte? KRIEF DE SOLI ist jedenfalls ein eindeutiger Reinhör-Tipp!

LONGÉVITÉ

Eine weitere Station dieser Funeral-Doom-Etappe bildet LONGÉVITÉ (dt. Langlebigkeit, Lebensdauer), das Ein-Mann-Projekt von Jérémy De Carufel. Der hat 2022 drei EPs und eine Single veröffentlicht. Allzu viel passiert darauf nicht. Schlichte dröhnende Riffs, einfaches, etwas zu akzentuiertes Getrommel, gelegentliche Melodie-Parts. Kein Höhepunkt des Funeral Doom, aber das kann ja noch werden.

MALSANCTUM

In diesem Heiligtum herrscht das Böse: MALSANCTUM. Ambientiger Funeral Doom, der hübsch geblackened und reichlich mit Noise überzogen wurde, füllt das gleichnamige und einzige Album. 2018 kam es heraus. MALSANCTUM geizen sehr mit Informationen, aber es ist ja auch die Musik, die zählt. Und die ist der hilfesuchende Urschrei eines unter Schmerzen zum Leben erwachten Industriekomplexes. Hallend, scheppernd, grollend, drohend, leidend, wundervoll. Der letzte und längste Song der LP wagt sogar noch mehr. Hört mal rein in MALSANCTUM!

MEMORANDUM

Sorry, Caleb Simard, aber 25 Minuten sind kein ganzes Doom Album, sondern nur ein Song. Oder zwei, also meinetwegen eine EP. Abgesehen davon ist das Projekt MEMORANDUM (dt.: Denkschrift), das losgelöst von der „LP“ „Menhirs... Affres“ ein solider Schritt ins Beerdigungsgenre – nicht viel mehr, nicht viel weniger. Die Grundelemente werden erfüllt, auch ziemlich gut, aber die Gitarre wird ein bisschen nervig auf Dauern, aber allzu lange ist diese Dauer ja nicht. Schade für die mächtigen Growls.

Das war Kanadas Funeral Doom. Jedoch nicht alles, was dieses Land an Slomo-Beerdigungs-Metal zu bieten hat. Deswegen geht es nächste Woche weiter mit Part 3 des monotonen Trauerkrachs.

Alle Etappen unserer Funeral-Doom-Reise gibt es hier.


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