CRADLE OF FILTH - Trouble And Their Double Lives

Im Prinzip ist er wie der Weihnachtsmann – er kommt Jahr um Jahr ums Eck, sieht aus wie frisch durch den Kamin gezogen und beschenkt die braven Kids seiner Gefolgschaft mit musikalischen Perlen von poetischer Qualität, schaurigen Gutenacht-Geschichten, brennenden Engeln und artverwandten Gimmicks aus seinem schmutzigen Geschenke-Sackerl. Gemeint ist natürlich unser allseits bekannter und beliebter Dani Filth, der dieser Tage mit "Trouble And Their Double Lives" das nach Labelangaben erste Livealbum seit über 20 Jahren an den Mann und die Frau bringt.

Tatsächlich offenbart ein flüchtiger Blick in die weltweite Schwermetall-Enzyklopädie auch Live-Releases in den Jahren 2007 und 2019, die aber witzigerweise bereits 2001 ("Eleven Burial Masses") oder 1997 ("Live At Dynamo Open Air 1997") aufgenommen wurden...insofern...passt schon, geschenkt! Und auch "Trouble And Their Double Lives" ist keineswegs ein taufrisches Bühnenzeugnis im eigentlichen Sinne, da die Aufnahmen während verschiedener US- und Europa-Konzerte zwischen 2014 bis 2019 (darunter die "Cryptoriana World Tour") aufgenommen wurden. Erquicklich ist hierbei die Tatsache, dass Meister Filth es schafft, binnen Sekunden von Los Angeles nach San Antonio zu reisen und damit mehr als 2.000 Kilometer auf wundersame Weise unterm Tisch verschwinden zu lassen [Anm. d. Verf.: Scotty gefällt das!].

Soviel zur geographischen und zeithistorischen Einordnung des jüngsten CRADLE OF FILTH-Livemitschnitts. Songtechnisch lässt die ziemlich genau zwei Stunden fassende Horrorschau nicht viel zu wünschen übrig – was die meisten Fans sicherlich aus eigener Erfahrung unterschreiben können. Besonderes Augenmerk verdienen neben den üblichen Verdächtigen und Klassikern die neuen Studiotracks "She Is A Fire" und "Demon Prince Regent", die wie selbstverständlich unter den Liveaufnahmen versteckt sind und einen ersten Vorgeschmack auf den Nachfolger von "Existence Is Futile" aus dem Jahr 2021 geben. Spoiler: Der Schuster bleibt auch in der vierten Dekade seines Schaffens bei seinen Leisten. Ist eine gute Sache, die auch niemand ernsthaft angezweifelt hätte.

Handwerklich zeigen sich CRADLE OF FILTH wie gewohnt von ihrer besten Seite, der Sound ist trotz seiner geschätzten Live-Vibes angemessen wuchtig und der trockene Humor des der Kapelle vorsitzenden Blutsauger-Overlords rundet die Sache ab. Da man während der Songs weder Publikum noch sonstige Nebengeräusche vernimmt, erscheint das Ganze im Prinzip wie eine perfekt sitzende Liveaufnahme im Studio, wogegen zwischen den Stücken Raum für frenetischen Jubel und die angesprochenen Ansagen bleibt. Unterm Strich also ein durchaus brauchbares Zeitzeugnis einer Band, die erst auf der Bühne wirklich zur Geltung kommt...in diesem Sinne: viel Spaß mit ihrer jüngsten "Musical Excretion"!