Funeral-Doom-Reise: Etappe 24: Australien II

Text: Jazz Styx
Veröffentlicht am 21.10.2021

Intro

Lebensfreude und Vergnügen – Funeral Doom ist nichts davon. Vielmehr fokussiert das traurige, depressive oder auch nihilistische Genre das genaue Gegenteil der Glückseligkeit. Die Langsamkeit des Dooms und die Gewalt des Death Metal vermischen sich und werden beispielsweise mit Noten von Monotonie, Orchestralem oder auch Sakralem verfeinert.
Diesem wunderbaren Genre soll hiermit ein schriftliches Denkmal gesetzt werden: eine fortgesetzte Reise durch den aktuellen Funeral Doom – nun auch über die Grenzen Europas hinaus.
Die Grenzziehung zu anderen Genres, insbesondere dem Death Doom wurde hierbei der Encyclopaedia Metallum überlassen, die als hauptsächliche Quelle für diesen Überblick herangezogen wurde. Die Aktualität wurde grob auf die vergangenen fünf Jahre festgelegt.
Sollten Bands oder Projekte übersehen worden sein, nehme ich sehr gerne entsprechende Hinweise entgegen. Allerdings kann das mitunter auch darin begründet liegen, dass manch Künstler in seiner Trveness gar nicht so gerne gefunden werden möchte.

Australien

Australien kann Funeral Doom! Das haben letzte Woche zuletzt ELYSIAN BLAZE bewiesen. Nun geht es weiter auf den Alptraumpfaden der weniger glücklichen Aussies!

FÖRFALLA

Letzte Woche endeten wir auf eine Single, diese Woche beginnen wir mit einer – oder dreien. Denn drei Singles sind alles, was FÖRFALLA alias Tom Void aus Melbourne bzw. Hobart bis heute vorweisen kann. Das reicht deswegen für einen Halt auf unserer Funeral-Doom-Reise, weil die drei Singles aus den Jahren 2018 und 2019 auch zu einer EP zusammengefasst werden könnten, wenn man denn wollte. Tom steht auf minimalistischen Doom, abgerocktes Black-Metal-Geknüppel, lange Pausen, leicht psychedelische Gitarrenmelodien und Orgelsoli – wie jeder gutgelaunte Grave-Doomer! Wir erwarten bzw. erhoffen also ein Album, werter Herr Void!

FUNERAL MOURNING

FUNERAL MOURNING sei zu 100% tot, bestätigte der einzige Musiker der Band, Mitchell alias Desolate, im Jahre 2017. Das Jahr, in dem er die letzte EP des Projekts veröffentlichte: „Left Seething Yet Unspoken & Veneration of Broken Worlds“ (dt.: brodelnd, aber unausgesprochen übriggeblieben & Verehrung zerbrochener Welten). Düster, langsam, ruhig, mit nur einer Gitarre, die aus dem dumpfen Genregrollen ausbricht beklagen die Klänge das endliche Dasein wie wir das Ende des hervorragenden musikalischen Projekts. Wir empfinden also quasi Beerdigungstrauer bezüglich Beerdigungstrauer – Musik, die sich in sich selbst auflöst!

IVAN

Brod und Joseph sind gemeinsam IVAN und produzieren in Melbourne feinsten Funeral Doom, der sich auf dem neuesten Album „Silver Screens“ (2020) in aller Ruhe ausbreitet und doch in weiten Passagen von noch reduzierteren Klängen einer akustischen Gitarre, eines Xylophons (?), vor allem aber einer Geige verdrängt wird. Diesen unmetallischen Parts gegenüber steht drone-ige Dröhnen und gutturales Bergtrollgrollen. Hat eigentlich schon mal jemand das Genre Post-Funeral-Doom erwähnt? Selten hat sich dieser Genreschritt heraus aus dem grabmetallischen mehr abgezeichnet als bei IVAN. Todtraurig, wunderschön!

MOURNFUL CONGREGATION

Zum 25-jährigen Jubiläum offenbarten MOURNFUL CONGREGATION aus Adelaide 2018 der trauervollen Gemeinde ihr fünftes Album „The Incubus Of Karma“. Mit dem vollen Klang einer tatsächlich fünfköpfigen Band und dem entsprechenden Eigenwillen jedes Musikers schleicht es sich walzend an und wispert grollend erstarrten Drang ins geneigte Ohr. So werden vielseitigere Trauergeschichten geschrieben als bei vielen Soloprojekten und die sonst mitunter einlullende Klanghomogenität und die radikalen Extreme gegen eine schwerer zugängliche Komplexität und differenzierte Vielseitigkeit getauscht. Diese Platte braucht Zeit, Geduld und Beschäftigung. Sie taugt daher weniger zur Begleitmusik, mehr zum bewussten Hören, worin sich hier manch Genrekenner für kleine Ewigkeiten verlieren können wird.

THE SLOW DEATH

Auch den Abschluss unserer australischen Funeral-Doom-Reise macht eine fünfköpfige Band. THE SLOW DEATH haben erst im August 2021 ihren neuesten Streich veröffentlicht. „Siege“ heißt ihr viertes Album in voller Länge. Es lebt von den intensiven Kontrasten der metallisch-schweren Parts und der leichteren akustischen Passagen, die stark auf den mystisch gothic-haften Klargesang von Mandy Andresen setzen, der im Wechselspiel mit tiefem Growling ein hervorragendes Alleinstellungsmerkmal der Band darstellt. Die insgesamt ruhige Stimmung strahlt Trauer, aber auch Akzeptanz aus – wie ein leichtes Totentuch, das von Wind erfasst wird und mit einem einsamen Tanz hinfortgetragen wird. Und dann stampft eine Armee Orks drüber, denn die belagern die Stadt und füllen sorgen für Nachschub auf dem Friedhof. Spannende Gegenüberstellung!

Australien, es war mir eine Freude, euren Funeral Doom kennenlernen zu dürfen. Was sagst du? Neuseeland würde sich auch über unseren Besuch freuen? Na, dann wissen wir ja schon, wo wir nächste Woche landen!

Alle Etappen unserer Funeral-Doom-Reise gibt es hier.


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